Zehn Jahre Tornadokatastrophe im Wittelsbacher Land

„Neue Einstellung zum Leben“

18.05.2025

Am 13. Mai 2015 brach die Natur plötzlich und mit aller Gewalt über die Dörfer Affing, Anwalting und Gebenhofen einher: Ein nächtlicher Tornado wütete mit bis zu 250 Stundenkilometern durch den Ort und hinterließ eine Schneise der Verwüstung. Wie durch ein Wunder kam damals niemand zu Schaden. Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger hat am Sonntag mit Betroffenen und Helfern von damals einen Gedenkgottesdienst in Gebenhofen gefeiert.

  • Nur der goldene Finger der Schmerzensmadonna am Salzberg erinnert an die Verwüstung, die der Tornado vor zehn Jahren hinterlassen hat (Fotos: Julian Schmidt / pba)
  • Die Salzbergkapelle zwischen Anwalting und Gebenhofen war besonders schwer betroffen.
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  • Zahlreiche Vertreterinnen und Vertreter der Einsatzkräfte nahmen an dem Gottesdienst teil.
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  • Der damalige Pfarrer der PG Affing Max Bauer erinnerte sich sichtlich gerührt an die schwere Zeit des Unglücks.
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Nicht einmal professionelle Meterologen hätten ein solches Wetterereignis damals für möglich gehalten, erinnerte sich der Weihbischof eingangs in seiner Predigt in der vollbesetzten Pfarrkirche Mariä Geburt in Gebenhofen (Gemeinde Affing) nordöstlich von Augsburg. Seitens der Behörden wurde das kaum in Worte Fassbare damals dann auch als „nie erwartetes singuläres Großschadensereignis“ beschrieben: abgedeckte Häuser, traumatisierte Menschen, zerstörte Autos und dennoch wie durch ein Wunder keine dauerhaften Schäden an Leib und Leben, und das alles am Vorabend des Hochfests Christi Himmelfahrt.

Mittlerweile seien die Schäden von damals beseitigt und zumindest von außen nicht mehr sichtbar, so Weihbischof Losinger weiter. In der Rückschau böten sich dennoch drei wichtige Erkenntnisse an, die aus dem Unglück vor zehn Jahren gezogen werden könnten. Dies sei zum einen die Verletzlichkeit der Menschen: „Leid, Unglück und Tod sind immer gegenwärtig in unserem Leben.“ Gerade unter den Vorzeichen des Klimawandels müsse diese Verletzlichkeit Anlass dazu geben, umzudenken und sich dem Wohl der Schöpfung als unserer Heimat mehr hinzuwenden: „Wir haben ja nur diese eine Erde. Sie ist uns anvertraut. Sie gehört nicht nur uns, sondern auch allen künftigen Generationen, und wir haben sie sprichwörtlich von unseren Kindern nur geliehen.“

Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger war gerne der Einladung des Landrats zum Gedenkgottesdienst gefolgt.

Weihbischof Dr. Dr. Anton Losinger war gerne der Einladung des Landrats zum Gedenkgottesdienst gefolgt.

Ein weiterer, wichtiger Punkt sei damals aber auch die überwältigende Hilfsbereitschaft so vieler Menschen gewesen, betonte der Weihbischof. Über 6000 haupt- und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer seien damals teilweise von weit her in die betroffenen Gemeinden gekommen und hätten auf unterschiedlichste Art und Weise unterstützt und geholfen – ein Zeugnis enormer Solidarität, das zehn Jahre danach sogar zu einer „neuen Einstellung zum Leben“ inspirieren könne. Oder wie es der bekannte französische Schriftsteller Antoine de Saint-Exupéry in seinem „Gebet an Gott um die richtige Einstellung zum Leben“ formulierte: „Lehre mich die Kunst der kleinen Schritte… Gib mir nicht was ich mir wünsche, sondern was ich brauche!“

Ein prominentes Element des Gottesdienstes in der Gebenhofer Pfarrkirche Mariä Geburt waren entsprechend des Anlasses auch die Vertreterinnen und Vertreter der zahlreichen Einsatzkräfte, die vor zehn Jahren in den betroffenen Gebieten rasche und effektive Hilfe geleistet hatten: Feuerwehren, Polizei, Technisches Hilfswerk, Notfallseelsorge und viele Andere waren noch in der Unglücksnacht an Ort und Stelle und leisteten Überwältigtes: Manche hätten drei Tage lang ohne Schlaf durchgearbeitet, um die gröbsten Schäden zu beseitigen, so erinnerte sich Landrat Dr. Klaus Metzger am Ende des Gottesdienstes.

Vor zehn Jahren: Bischof Dr. Konrad Zdarsa und Generalvikar Harald Heinrich besuchen die betroffenen Orte (Archivfoto: Karl-Georg Michel / pba)

Vor zehn Jahren: Bischof Dr. Konrad Zdarsa und Generalvikar Harald Heinrich besuchen die betroffenen Orte (Archivfoto: Karl-Georg Michel / pba)

Und auch für den damaligen Pfarrer Max Bauer, der heute in der Pfarreiengemeinschaft Ehekirchen tätig ist, war klar: „Die Erinnerung an das, was war: Das Schreckliche und das Wunderbare“ beschäftige ihn auch heute noch stark, sei aber auch Anlass zu Dankbarkeit und Stolz über das gemeinsam Vollbrachte. Besonders die Salzbergkapelle zwischen Anwalting und Gebenhofen sei ein deutliches Zeichen nicht nur für die „tiefen Wunden“, die der Tornado damals geschlagen hatte, sondern auch für die gewaltige Anteilnahme, die die betroffenen Orte danach erfuhren: Nur noch ein einzelner goldfarbener Finger der bei der Kapelle stehenden Madonnenstatue sei sichtbares Zeugnis der damals hinterlassenen Verwüstung und damit eben auch für die geleistete Aufbauarbeit danach.

Am Abend des 13. Mai 2015 raste ein Tornado der Stärke F3 mit Windgeschwindigkeiten von teils weit über zweihundert Stundenkilometern vom Lechfeld her kommend durch die Dörfer Affing, Anwalting und Gebenhofen. Abgesehen von einigen Leichtverletzten kam damals aber glücklicherweise niemand dauerhaft zu Schaden. In den betroffenen Orten wurden zahlreiche Häuser teils oder völlig zerstört und mussten in den darauffolgenden Jahren neu aufgebaut werden. Insgesamt wurde der durch das Unwetter entstandene Schaden auf über hundert Millionen Euro beziffert.